«GEGEN IHN WILLST DU NICHT SPIELEN»: SO TICKT LAUSANNES SUPER-ÖSI MICHAEL RAFFL

Ein Österreicher ist der beeindruckendste Playoff-Spieler von Lausanne. Michael Raffl, ein Mann mit einem besonderen Werdegang und einem noch grösseren Willen. Zwei Weggefährten verraten, was ihn so wertvoll macht.

Er prägt die diesjährigen Playoffs, ist Lausannes Kracher-Stürmer: Michael Raffl, 35 Jähre alt, Österreicher aus Villach. Er ist mit seinen bisher erspielten sieben Punkten (4 Tore, 3 Assists) zwar nicht der beste Skorer, aber sein Wert und Einfluss gehen weit darüber hinaus. «In der Schweiz neigt man dazu, Ausländer nur nach ihrer Offensivproduktion zu beurteilen. Aber wenn man dies bei Raffl macht, dann ist das definitiv ein Fehler.» Diese Aussage stammt von der Verteidiger-Legende Mark Streit (46), der vier Saisons lang bei den Philadelphia Flyers Teamkollege des Flügelstürmers war.

«Wir kamen zum gleichen Zeitpunkt zu den Flyers», erinnert sich der Berner zurück. Zwischen den beiden Männern aus den europäischen Alpenländern entsteht in den fernen USA sofort eine spezielle Verbindung – die Herkunft und die deutsche Sprache verpflichten. «Er kam aus der zweiten schwedischen Liga», so Streit, «sein Werdegang ist aussergewöhnlich und zeigt, welchen Willen dieser Typ hat.»

Auch Vater, Bruder, Onkel und Cousin Nationalspieler

Michael Raffl stammt aus einer Kärntner Hockey-Familie. Sein Vater Peter (64) war ebenso österreichischer Nationalspieler, wie sein Onkel Gerald Rauchenwald (60) – und wie es auch sein Bruder Thomas (37, spielt aktuell bei Salzburg) und sein Cousin Alexander Rauchenwald (30, spielt aktuell bei Villach) wurden. Die beste Karriere legt allerdings Michael hin. Mit 17 debütiert er bei Villach, mit 20 in der Nationalmannschaft, mit 22 wechselt er in die zweite schwedische Liga zu Leksand, mit 24 schafft er es als ungedrafteter Spieler bei Philadelphia auf Anhieb in die NHL.

Er behauptet sich dort während neun Jahren, siebeneinhalb davon bei den Flyers, anschliessend auch noch in Washington und Dallas. Ehe er im Herbst 2022 bei Lausanne anheuert und dort zwar immer wieder mit Verletzungspech zu kämpfen hat, aber stets liefert, wenn er fit ist und auf dem Eis zum unverzichtbaren verlängerten Arm von Trainer Geoff Ward wird.

Einstecken und austeilen

Wenn Mark Streit über seinen ehemaligen Teamkollegen spricht, fällt häufig ein Wort: Willenskraft. «Wenn ich Michael in ein paar Worten zusammenfassen müsste, würde ich sagen, dass er der Typ Spieler ist, den du gerne in den eigenen Reihen hast und gegen den du nicht spielen möchtest. Genauso spielt er jetzt auch in den Playoffs.»

Die 1:2-Niederlage gegen die ZSC Lions im ersten Finalspiel war nicht nach Raffls Geschmack. «Wir müssen und können uns steigern», sagte er hinterher. Weniger störte ihn dagegen, dass er während des Spiels in einen heftigen Check von ZSC-Verteidiger Dario Trutmann lief: «Wer wie ich gerne austeilt, der muss auch einstecken können, das ist völlig okay. Es war ein harter, aber fairer Check und es ist nichts passiert – auf geht's!» Es ist zu spüren: Raffl ist so richtig heiss auf Spiel 2, daheim in Lausanne.

Von Raffl überzeugt ist auch Österreichs Nationaltrainer Roger Bader (59): «Wenn du mit ihm in die Playoffs steigst, hast du gute Chancen, etwas zu erreichen, denn Michael ist ein Gewinner. Er ordnet alles dafür unter, dass sein Team erfolgreich sein kann.» Der Zürcher verfolgt natürlich auch Raffls Auftritte bei Lausanne und zeigt sich beeindruckt: «Durch sein vielseitiges Spiel hat er grossen Einfluss. Und er ist ein Typ, der genauso stolz ist, einen Schuss zu blocken, wie einen entscheidenden Pass zu spielen.»

An der WM gegen die Schweiz?

Allerdings kam Bader während seiner mittlerweile zehnjährigen Schaffenszeit im österreichischen Verband nicht oft in den Genuss, Raffl aufbieten zu können. «Mal war es wegen seiner Vertragssituation, mal stand er aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Verfügung», erzählt er. Insgesamt bestritt der Villacher sechs WM-Turniere und die Olympischen Spiele 2014 in Sotschi. Letztmals lief Raffl an der WM 2019 für Österreich auf. Bader: «Sein Einfluss auf die Gruppe war immer sofort spürbar. Nicht nur durch sein Spiel, sondern auch durch seinen Charakter.»

Ob Bader in einigen Wochen, wenn es an der WM in Prag unter anderem auch zum Nachbarschaftsduell gegen die Schweiz kommt, auf Lausannes Super-Ösi wird zählen können, weiss er noch nicht: «Wir werden nach dem Playoff-Final sehen, in welcher körperlichen Verfassung sich Michael befindet.» Eine Absage des robusten Lausanne-Leitwolfs mit der grossen Ausstrahlung würde die Aufgabe für unsere Nati am 12. Mai zweifellos etwas weniger kompliziert gestalten.

2024-04-17T06:07:25Z dg43tfdfdgfd