ALS KLEINER BUB GING ER MIT DEN SCHLITTSCHUHEN AN DEN FüSSEN INS BETT

Der ZSC-Stürmer übernahm von seinem berühmten Vater Felix die Passion fürs Eishockey und den Kampfgeist. Im Final gegen Lausanne möchte er mit 34 endlich auch Meister werden.

Denis Hollenstein wurde die Leidenschaft fürs Eishockey in die Wiege gelegt. Kaum konnte er gehen, lief er zu Hause mit den Schlittschuhen an den Füssen herum. Es heisst, er habe sogar manchmal mit den Schlittschuhen geschlafen. «Ja, die Story habe ich auch schon gehört», sagt er schmunzelnd. Stimmt sie? Er nickt. «Ich hatte schon als kleiner Bub Freude am Eishockey. Und das ist heute nicht anders. Dieser Sport fasziniert mich.»

Mit Vater Felix Hollenstein hatte er auch das perfekte Vorbild. Der kraftvolle Stürmer war in den Achtziger- und Neunzigerjahren eine der prägendsten Figuren des Schweizer Eishockeys und führte den EHC Kloten von 1993 bis 1996 als Captain und Vorkämpfer zu vier Meistertiteln in Serie.

Denis sass damals vor dem Fernseher, die Grossmutter hütete ihn und seinen zwei Jahre jüngeren Bruder Marc, damit Mutter Barbara im Stadion dabei sein konnte. Felix sorgte für den Zusammenhalt im Team, sie für das Gemeinschaftsgefühl unter den Spielerfrauen und Freundinnen, was auch ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor war.

Denis war während der Klotener Titelserie zwischen 3 und 6 Jahre alt. Seine Erinnerungen an damals sind verschwommen. «Ich kann mich erinnern, wie ich Fernsehen schaute und sah: Das ist ja Papi, der da gewonnen hat! Und dass der Pokal einmal zu Hause war.» Nach dem vierten Titel durften ihn die Klotener behalten, heute steht er bei Felix Hollenstein zu Hause im Bauernhaus in Bülach. Eine massive Trophäe aus Bronze, die so schwer ist, dass jahrelanges Krafttraining nötig ist, um sie zu stemmen.

Auch Denis würde gern einmal den Pokal hochstemmen. Nicht jenen zu Hause bei seinem Vater, sondern den aktuellen, handlichen namens Twin Skate. Hollenstein hat eine erfolgreiche Karriere gemacht, war während Jahren einer der besten Schweizer Stürmer und ein wichtiger Part des WM-Silberteams in Stockholm 2013. Doch mit 34 jagt er, der Vater zweier Mädchen, immer noch seinen ersten Meistertitel. Auch deshalb wechselte er 2018 als Klotener Captain zum Kantonsrivalen ZSC.

Abstieg mit Kloten und Seitenwechsel

Es war damals im April 2018 eine turbulente Zeit im Zürcher Eishockey. Die Stadtzürcher wurden Meister, die Klotener stiegen nach 58 Jahren aus der höchsten Liga ab. Hollenstein stemmte sich mit aller Kraft gegen den Abstieg, ging trotz eines gebrochenen Fingers und anderer Blessuren kaum vom Eis. Doch er konnte nicht verhindern, dass Spiel 7 in der Ligaqualifikation gegen Rapperswil-Jona verloren ging. Dem gegnerischen Coach Jeff Tomlinson imponierte damals, wie Hollenstein seine Mitspieler nach dem Abstieg nochmals aufs Eis trommelte, um sich den wütenden Klotener Fans zu stellen.

Mit dem Meistertitel hat es bei den ZSC Lions noch nicht geklappt. Im Final 2022 hatten sie eine Hand am Pokal, als ihnen nach der 3:0-Führung gegen Zug die Luft ausging. Coach Rikard Grönborg hatte die Paradelinie mit Hollenstein, Malgin und Andrighetto zu sehr forciert. Auch zwei Jahre später sind alle drei immer noch Zürcher Schlüsselstürmer, doch Marc Crawford verteilt die Last nun auf mehr Schultern. Und die Energie sollte für die ZSC Lions, die mit 8:0 Siegen in den Playoff-Final gegen Lausanne durchmarschierten, kein Problem sein.

Bei den ZSC-Heimspielen ist Felix Hollenstein im Playoff meist im Stadion dabei. Kürzlich tauschte er sich da auch mit Crawford aus. «Wir haben über alles Mögliche geredet», sagt der Kanadier. «Als ich das erste Mal in dieser Liga war, coachte Felix noch. Wir hatten ja diese grossartige Serie gegen Kloten.» Wobei Hollenstein diese wohl weniger grossartig fand. Crawford meint den Final 2014, den die ZSC Lions gegen den Kantonsrivalen mit Headcoach Hollenstein 4:0 gewannen.

Die Schockdiagnose für den Vater

Dieser wurde im November 2015 sogar als Nationaltrainer portiert, sagte dann aber aus persönlichen Gründen ab. Später wirkte er als Sportchef bei den Klotenern, ehe ihn Anfang 2020 die Schockdiagnose Knochenmarkkrebs traf. Derweil sich sein Vater der Chemotherapie und Bestrahlungen unterziehen musste und um seine Zukunft kämpfte, spielte Denis weiter Eishockey und liess sich nichts anmerken. Es war auch für ihn eine äusserst belastende Zeit.

Er verdanke seine Genesung auch seiner Familie, die ihn immer bedingungslos unterstützt habe, sagt Felix Hollenstein heute. Denis sagt: «Ich war für ihn da, so gut ich konnte. Aber wenn ich einen Match hatte, musste ich mich darauf fokussieren. Was nicht einfach war. Im Nachhinein betrachtet, gelang es mir relativ gut, das zu trennen.»

Zu allem Unheil kam im Februar 2020 auch noch die Corona-Pandemie dazu. Wegen seines geschwächten Immunsystems musste der Vater besonders aufpassen, dass er sich nicht mit dem Virus ansteckte. Inzwischen ist er seit über drei Jahren krebsfrei.

War er in Kloten der Trainer seines Sohnes, hält er sich heute bei dessen Karriere eher im Hintergrund. «Heute kommt er einfach die Spiele schauen und hat Freude, mich spielen zu sehen», sagt Denis. Natürlich sind auch Mutter Barbara und Bruder Marc, mit dem er 2019 eine Autogarage in Embrach eröffnete, jeweils im Stadion.

Crawford erlebte Felix Hollenstein nicht mehr als Spieler, ist sich dessen Bedeutung für das Schweizer Eishockey aber sehr wohl bewusst: «Er war ein Superstar in dieser Liga. Und es ist für einen Sohn immer schwierig, in die Fussstapfen seines Vaters zu treten, der so bekannt war. Denis hat das gut gemacht. Er ist ein physisch starker Stürmer und deckt den Puck exzellent ab. Und ich mag es sehr, wie er defensiv arbeitet. Er hat begriffen: Je besser du defensiv spielst, desto öfter hast du den Puck. Dann kannst du deine offensiven Fähigkeiten noch mehr zur Geltung bringen. Und er ist offensiv sehr begabt.»

Denis Hollenstein sei ein Eishockey-Verrückter im positiven Sinne, sagt sein langjähriger Weggefährte Simon Bodenmann. «Wenn einer den Stock nicht so eingebunden hat wie am vorigen Tag, merkt er das sofort und fragt: ‹Was ist los?› Alle anderen sehen das gar nicht. Und er weiss alles über unsere Gegner, kennt jeden Spieler.»

Legendär ist Hollensteins riesige Sammlung von Stöcken, für die er schon früh zu sammeln begann. Eines seiner liebsten Stücke: der Stock Mats Sundins von der WM 1998 in Zürich. «Wir waren in den Katakomben im Hallenstadion, und mein Vater redete mit schwedischen Spielern. Dann kam dieser Riesenturm aus der Garderobe, und ich fragte ihn.»

Vom Vater habe er nicht nur die Passion fürs Eishockey mitbekommen, sagt Denis Hollenstein, sondern auch den Kampfgeist. «Wir geben nicht auf, wir gehen immer weiter. So sind wir in unserer Familie. Das macht uns aus.»

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