DER FC BAYERN IST EIN ALBTRAUM FüR TRAINER. DER KLUB MUSS GRUNDLEGENDES VERäNDERN

Seit Anfang März ist Max Eberl der Sportvorstand des FC Bayern, als solcher hat er die Nachfolge des im vergangenen Mai geschassten Hasan Salihamidzic angetreten. Eberl stammt aus München, er hat seine Juniorenzeit bei den Bayern verbracht, er hat den Klub bereits erlebt, bevor er als Fussballprofi Karriere und sich später einen Namen als Manager in Mönchengladbach und Leipzig machte. Bayern München als das logische Karriereziel Eberls zu betrachten, ist also gewiss keine abwegige Vorstellung, zumal er das Vertrauen des Bayern-Granden Uli Hoeness geniesst.

Eberl ist in einer turbulenten Zeit zum Klub gestossen. Zum ersten Mal seit 2012 gewinnen die Bayern keinen Meistertitel, der Mannschaft mangelt es an Zusammenhalt und Zuverlässigkeit. Eberl dürfte in diesen Tagen also allerhand damit zu tun haben, ein neues Kader zusammenzustellen, das die Konkurrenten wieder das Fürchten lehrt.

Der Halbfinal-Einzug ist ein grosser Erfolg

Zudem steht am Mittwochabend das wichtigste Spiel der Bayern seit einer kleinen Ewigkeit an. Nach einem 2:2 im Halbfinal-Hinspiel gegen Real reisen die Bayern in der Champions League zwar als Aussenseiter, aber keineswegs chancenlos nach Madrid. Ein Sieg, und der scheidende Trainer Thomas Tuchel hat zumindest auf internationaler Ebene in einem Masse reüssiert, wie es vor Wochen noch kaum vorstellbar gewesen wäre.

Nur geht es in diesen Tagen nicht um die Detailfragen der Kaderplanung, sondern um etwas Grösseres: Wer wird der Trainer des FC Bayern? Das ist gegenwärtig die am häufigsten diskutierte Frage im deutschen Fussball. Eberl, ein ruhiger Mann, wirkt in dieser Diskussion eher wie ein Betrachter als ein Akteur; seine Einlassungen sind nie konkret, manchmal haftet ihnen etwas Orakelhaftes an: «Das Überraschende ist, dass eine Tür zugeht und andere Türen gehen wieder auf», sagte er jüngst.

Bayern-Trainer gibt’s, die gibt’s gar nicht! Diesen Eindruck kann rasch gewinnen, wer sich das bajuwarische Trainer-Konklave anschaut: Julian Nagelsmann, Xabi Alonso, Roberto De Zerbi, Zinedine Zidane, Roger Schmidt, Julen Lopetegui, Hansi Flick und natürlich Ralf Rangnick wurden diskutiert – oder sagten bereits ab.

Dass die Bayern noch recht weit von einem Vollzug entfernt sind, kann als gesichert gelten, nachdem in der vergangenen Woche Rangnick abgesagt hat. Dabei galt der Deal, zumindest in der medialen Darstellung, als so gut wie beschlossen. Sowohl die Bayern als auch das Rangnick-Lager taten wenig, um Zweifel an der bevorstehenden Vertragsunterschrift aufkommen zu lassen.

Dass es anders kam, kann angesichts der Vorgeschichte nicht überraschen: Rangnick galt, nachdem Joachim Löw seinen Rückzug als deutscher Nationaltrainer verkündet hatte, als der sichere Nachfolger, die Geschichten klangen so, als sei eine Vertragsunterschrift nur noch eine Frage von Stunden. Doch zum Abschluss kam es nicht. Mit wem Rangnick sich diesmal in Zwiesprache begeben hat, um die Sache für sich zu klären, ist nicht bekannt, ebenso wenig, ob der Deal an Details gescheitert ist.

Rangnick äussert sich öffentlich

Zwar wurde kolportiert, dass Rangnick ins Grübeln gekommen sei, nachdem Uli Hoeness den Trainer Tuchel öffentlich gescholten hatte, da dieser nach Hoeness’ Ansicht zu wenig für die Weiterentwicklung der jungen Spieler tue. Im aufgeheizten medialen Betrieb wurde dies als eine Botschaft aufgefasst, die Hoeness an Rangnick habe senden wollen, um ihn zu vergrämen. Diese Lesart lässt allerdings ausser acht, dass in der höchst vitalen Bayern-Autokratie einer wie Hoeness ganz andere Mittel hätte, um eine Personalie zu verhindern.

Dabei dürfte Rangnicks Interesse durchaus seriös gewesen sein, ganz gleich, wessen Einflüsterungen er am Ende folgte. Auch dementierte der Trainer des österreichischen Nationalteams gegenüber dem «Kicker», dass der Tadel von Hoeness an die Adresse Tuchels Einfluss auf seine Entscheidung gehabt habe. Mit Hoeness verbinde ihn vielmehr schon lange ein freundschaftliches Verhältnis.

Die im grossen Stil diskutierten Personalien haben einen für die Bayern unerfreulichen Nebeneffekt: Wer auch immer demnächst in München unterschreiben wird, dem dürfte klar sein, dass er nicht die erste, zweite oder dritte Wahl ist, sondern die vierte, fünfte oder sechste.

Am liebsten wären die Bayern mit Xabi Alonso handelseinig geworden, doch dieser zog es vor, im vertrauten Leverkusen zu verbleiben, wo er als Meister eine Saison der Rekorde hingelegt hat.

Julian Nagelsmann, der deutsche Bundestrainer, der bis März vergangenen Jahres noch Trainer der Bayern gewesen war, nutzte wiederum das Interesse des Rekordchampions, um in Gespräche um eine Vertragsverlängerung mit dem Deutschen Fussball-Bund (DFB) zu ziehen. Nun darf der DFB, unabhängig vom Ausgang der Europameisterschaft im eigenen Land, weitere zwei Jahre auf Nagelsmanns Dienste zählen.

Die Bayern kamen in den vergangenen Wochen also keinen Schritt weiter, weswegen die Irritation vor allem medial gross ist. Dass einer der renommiertesten Fussballvereine Europas sich bei der Trainersuche nicht leichttut, wird auch dem Einfluss von Hoeness zugeschrieben, ohne echte Indizien für diese Behauptung beibringen zu können.

Dass Hoeness da und dort interveniert, obschon er zwar de iure keine massgebliche Funktion im Klub mehr innehat, aber gemäss Aussage von Tuchel de facto nach wie vor «unser aller Boss» ist, mag auf Aussenstehende keinen guten Eindruck machen. Einen Trainer, der überzeugt ist, mit den Bayern etwas erreichen zu können, dürfte dies nicht von der Unterschrift abhalten.

Die Bayern sind ein Albtraum für Trainer

Zumal die Bayern nicht erst seit gestern ein ungemütlicher Arbeitgeber für Trainer sind. Nicht einmal die Trennung vom alten Freund Jupp Heynckes im Jahr 2013 ging völlig reibungslos über die Bühne; Heynckes hätte gerne weitergemacht. Dem alten Vertrauten Ottmar Hitzfeld, einem Mathematiker, schrieb der damalige Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge ins Pflichtenheft, dass Fussball «keine Mathematik» sei, was Hitzfeld sehr missfallen haben dürfte. Hansi Flick scheiterte am ehemaligen Sportdirektor Hasan Salihamidzic; auch über Julian Nagelsmann wird hinter den Kulissen nicht nur freundlich geredet.

Wer sich in ein solches Milieu begibt, der braucht nicht nur jede Menge Überzeugung, sondern auch ein hohes Mass an Leidensfähigkeit. Dass die Bayern sich gegenwärtig so schwertun, dürfte daran liegen, dass gewisse Koordinaten einfach nicht mehr stimmen. Das Scheitern in der Meisterschaft, die fehlende Spannkraft im Team, die Überspanntheit, die sie ausstrahlen: Es sind massgebliche Dinge, die dieser Klub angehen muss, bevor der nächste Trainer an den Verhältnissen scheitert.

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