EIN CHEF, DER GERN AUF DER SPIELERBANK PLATZ NIMMT

Stephan Schwarz bringt viel Erfahrung aus der Bundesliga mit nach Zürich und sucht die Nähe zu seinen Spielern. Nach fünf Jahren ohne Festanstellung führt der Weg des Deutschen nun direkt auf die Ersatzbank der Grasshoppers.

Das Interesse an der Medienkonferenz der Grasshoppers an diesem späten Donnerstagnachmittag ist grösser als auch schon in der Vergangenheit. Denn es gibt ein neues Gesicht auf dem Campus: Stephan Schwarz, der neue Sportchef. 

Der 53-Jährige ist der nahtlose Ersatz für den entlassenen Bernt Haas und wird sich nun um die Kaderplanung des strauchelnden Rekordmeisters für die neue Saison kümmern. Es ist eine Aufgabe, die viel Arbeit mit sich bringt, denn dieses Kader kann den neuen Eigentümern nicht genügen.

Die zweitschlechteste Offensive der Liga, viele verletzungsanfällige Spieler und dazu zahlreiche auslaufende Verträge, das sind einige der Probleme, die Schwarz bei GC antrifft.

Er entdeckte Mario Gomez und Sami Khedira

Stuttgart, München, Hoffenheim und Augsburg gehören zu den bisherigen Stationen des Deutschen. Gestartet 1997 als U-15-Trainer beim VfB Stuttgart, machte Schwarz schnell auf sich aufmerksam, indem er Talente wie die späteren deutschen Nationalspieler Christian Gentner, Mario Gomez oder Sami Khedira entdeckte und förderte. 

Der damalige Cheftrainer Ralf Rangnick beförderte ihn folglich in die Scoutingabteilung. Von da ging es zu 1860 München, weiter zur TSG Hoffenheim, bis er 2013 beim FC Augsburg landete. Insgesamt sechs Jahre amtete der Deutsche zuerst als Chefscout und später als Technischer Direktor bei den Augsburgern, bis er 2019 entlassen wurde. 

Den deutschen Fussball kennt Schwarz also bestens, doch in der Schweiz ist er noch unbekannt. 2013 und 2016 holte er zwar Raul Bobadilla und Albian Ajeti aus Basel nach Augsburg und einst Diego Benaglio nach Stuttgart, das war es dann aber auch mit den Verbindungen in die Super League.

Schwarz sieht dies jedoch nicht als Problem. «Ob man schon an dem Ort gearbeitet hat, ist nicht so wichtig, wenn man sich einfühlen und einfinden kann in die Menschen, die Stadt und die Kultur», sagt er und fügt an: «Ich kann in der Schweiz nichts überstülpen, was in einem anderen Land funktioniert. Ich muss die Eigenheiten des Landes schon berücksichtigen.»

Als Workaholic bezeichnete ihn 2017 die «Augsburger Allgemeine»: ein ganzes Jahr lang keine Ferien und der Besuch von 100 bis 150 Livespielen in einer Saison. Als einer, der seine Arbeit lebt, immer nah beim Team ist und keine Aufwände scheut, wird der Deutsche beschrieben. Gern verfolgte er zu dieser Zeit die Partien von der Spielerbank aus, was Schwarz nach eigener Aussage nun auch bei GC tun wird.

Elf GC-Spieler mit auslaufendem Vertrag

Elf GC-Spieler haben aktuell einen im Sommer auslaufenden Vertrag, darunter Francis Momoh, Florian Hoxha oder auch Pascal Schürpf. Nicht alle sind Leistungsträger, aber ein nächster Umbruch steht an, wie dieser aussieht, ist aber noch offen. «Sie müssen mir noch ein paar Wochen Zeit geben, um genau zu sehen, wie wir die Zukunft der Kaderplanung und Kaderzusammensetzung angehen», sagt Schwarz.

Auch unter den neuen Eigentümern werden die Zürcher wohl nicht zum Verein, der die grossen Namen in die Schweiz locken kann. Vielmehr wird gezielt auf junge Talente gesetzt, die man später teuer verkaufen kann. Dass der neue Sportchef dies beherrscht, zeigte er in der Vergangenheit. Für rund vier Millionen Euro holte er 2011 Roberto Firmino zu Hoffenheim, vier Jahre später wurde dieser für das Zehnfache an Liverpool verkauft.

Die letzten Jahre nach der Entlassung in Augsburg 2019 verbrachte Schwarz damit, viel umherzureisen und zu hospitieren. So besuchte er die US-amerikanische Nationalmannschaft, schaute sich Jugendakademien in den USA an oder besuchte verschiedenste Spiele in Südamerika. Er versuchte, die «Entwicklungen im Fussball aufzusaugen», wie er das nennt.

Einige Jobanfragen lehnte Schwarz zu dieser Zeit ab, das Angebot und die Menschen in der Führung von GC überzeugten ihn. Damit wird der Deutsche am kommenden Montag im richtungsweisenden Spiel gegen den Tabellennachbarn Lausanne das erste Mal auf der Ersatzbank der Grasshoppers Platz nehmen.

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