REUSSER NACH üBLEM STURZ WIEDER ZURüCK: «DIE UNFALL-VERURSACHERIN WERDE ICH NOCH SPRECHEN»

Mehrere Brüche im Gesicht setzten Marlen Reusser ausser Gefecht. Doch nur einen Monat nach ihrem Rennunfall ist sie wieder fit genug, um bei der Spanien-Rundfahrt ihr Comeback zu geben.

Nicht zum ersten Mal muss Marlen Reusser ein Rennen, das im Spital endet, verarbeiten – physisch und psychisch. Im Fall des Crashs an der Flandern-Rundfahrt scheint dies gut geklappt zu haben. Einzig eine kleine Narbe am Kinn deutet noch darauf hin, dass die Bernerin vor einem Monat unverschuldet fürchterlich zu Fall kam.

Die Brüche des Kiefers, der beiden Gehörgänge sowie von neun Zähnen sind schneller verheilt, als erwartet. Sie sei wieder «gsund und gfrässig» meinte die 32-Jährige als Einstieg zum Interview vor dem Abflug nach Spanien, wo sie ab Sonntag an der Vuelta wieder ins Renngeschehen eingreift.

Sind Sie auch erstaunt, dass Sie bereits für Rennen einsatzfähig sind?

Marlen Reusser:

Ja und nein. Ich bin selber überrascht, wie schnell ich mich regenerieren konnte. Andererseits habe ich als Ärztin gleich nach dem Sturz gewusst: Es muss zwar etwas gebrochen sein, aber ich bin nicht ernsthaft verletzt. Nichts Vitales scheint betroffen zu sein. Es wird nicht all zu grosse Auswirkungen auf die Physis haben.

Ist es schwieriger, einen unverschuldeten statt selbstverschuldeten Sturz mental zu verarbeiten?

Nein. Klar ist im ersten Moment der Frust da. Es nervt einen, weil man toll in Form war. Aber wer den Radsport betreibt, der muss damit rechnen, dass er stürzt. Es gibt Fahrer beider Geschlechter, die gefährliche, unnötige Manöver fahren. Die Unfall-Verursacherin bei der Flandern-Rundfahrt werde ich jedenfalls noch sprechen.

Und Sie sind ja leider reich an Sturzerfahrungen.

Ja. Und deshalb weiss ich, dass Zeit die Wunden heilt. Und ich will durch Ängste hindurchgehen und ihnen nicht ausweichen. Ich traue mich auch wieder in Rennen rein, obwohl da immer gemischte Gefühle dabei sind.

Ihre lange Verletzungsliste ist um einen Eintrag länger. Der erneute Crash brachte demnach das Fass nicht zum Überlaufen, Sie haben sich die Sinnfrage nie gestellt, oder?

Die Sinnfrage habe ich mir früher gestellt und mit «Ja» beantwortet. Du musst als Radfahrerin Frieden schliessen können mit dem Gedanken, dass es auch Dich erwischen kann. Ich brach auch nicht in Hektik aus. Ich sah meine Ziele in dieser Saison nie gefährdet. Noch bleibt genügend Zeit.

Diese Ziele sind bestimmt hochgesteckt. Gold an den Olympischen Spielen in Paris und an der Heim-WM in Zürich liegt drin.

Wenn ab jetzt nichts mehr schief läuft, werde ich in den beiden erwähnten Zeitfahren sehr, sehr schnell sein. Ich sage es so: Gold ist nicht aus der Reichweite gerückt.

Denken Sie, dass Sie weiterhin ans Limit gehen können?

Ich gehe nie ein zu grosses Risiko ein, ich gehe nie ans Limit. Ein gesundes Vertrauen und Gefühl für Material und Strasse ist dabei sicherlich hilfreich. (ram/sda)

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