STADION-EINGANG DURCHS WOHNHAUS – DIE IRRE GESCHICHTE VON AUFSTEIGER LUTON

Der Luton Town FC wird ab kommender Saison in der Premier League spielen. Doch vom Glamour der künftigen Gegner ist der Verein aus dem Norden Londons noch weit entfernt.

Während diesen Frühling das Fussball-Märchen um den walisischen Club Wrexham und dessen Hollywood-Investoren Ryan Reynold und Rob McElhenney für Schlagzeilen sorgte, schrieb der Traditionsclub Luton Town von der nördlichen Stadtgrenze Londons eine noch grössere – und schönere? – Erfolgsgeschichte. Als einer der ältesten Vereine überhaupt (gegründet 1885) ist Luton in den vergangenen neun Jahren vom Amateurbereich bis in die wohl beste Fussball-Liga der Welt aufgestiegen. 20 Minuten stellt die «Hatters» vor.

Amateurfussball wegen 30 Strafpunkten

Es ist das Jahr 2008. Das grosse Manchester United mit Cristiano Ronaldo, Wayne Rooney oder Ryan Giggs hat gerade seine 16. Meisterschaft gewonnen, als Drittligist Luton Town wegen Misswirtschaft mit zehn Punkten Abzug bestraft wird und in die vierte Liga (League Two) absteigt. Schlimmer noch: Noch mehr wirtschaftliche Gräueltaten werden aufgedeckt und der gebeutelte Verein mit weiteren 20 Strafpunkten belegt. Zum Ende der Folgesaison steigt man in den Amateurfussball ab und es wird ruhig um die Orangenen. Dies, bis Luton 2014 in den Profibereich zurückkehrt – und in den vergangenen neun Jahren bis in die schier unerreichbare Premier League durchzieht. Übrigens: 1988 gewann Luton den Ligapokal – den bisher einzigen Titel auf höchster Stufe.

Pelly-Ruddock Mpanzus Märchen

Bevor Luton 2014 in den Profi-Fussball zurückkehrte, stiess der damals 19-jährige Pelly-Ruddock Mpanzu zum Team. Der defensive Mittelfeldspieler kam aus dem Nachwuchs von West Ham und der Wechsel in die League Two bedeutete auch so viel wie: «Das wird wohl nichts mit der Karriere in der Premier League.» Mpanzu aber beisst sich rein – und steigt neun Jahre später als Stammspieler mit demselben Verein ins Oberhaus auf. Damit ist er der bisher erste Spieler, der mit demselben Club von der fünfthöchsten Spielkasse bis in die Premier League durchspielte. Mittlerweile ist Mpanzu auch Nationalspieler der Demokratischen Republik Kongo, woher seine Eltern stammen. Der heute 29-Jährige selbst ist in London aufgewachsen – und hat 367 Spiele für Luton absolviert (23 Tore, 34 Assists) – in drei verschiedenen Spielklassen und Pokalwettbewerben.

Stadioneingang durch Wohnhaus

Die Londoner Vorstadt – auch bekannt für einen der vier Flughäfen Londons – zählt rund 200’000 Einwohnerinnen und Einwohner. Rund 10’000 davon finden im Stadion an der Kenilworth Road Platz. Die altehrwürdige Spielstätte wurde 1905 gebaut und dürfte in der kommenden Saison zum Fussballromantiker-Ziel Nummer 1 avancieren: Während die Tribünen noch aus alten Holzsitzen besteht, erreicht man den Auswärtssektor nur durch einen berühmt-berüchtigten Eingang, der direkt durch ein Wohnhaus führt. Auch in andere Teile des Stadions gelangt man nur durch kleinste Gässchen und Vorgärten – und durch verrostete Drehkreuze. Vieles muss bis zum Saisonstart am 12. August noch saniert werden, um die Liga-Regularien zu erfüllen. Dies dürfte laut «RMC» rund zehn Millionen Franken kosten.

Captain kollabierte nach acht Minuten

Ein Klacks, bedenkt man die über 200 Millionen Franken, die durch den Aufstieg in die bisher sehr kleine Clubkasse gespült wurden. Als Referenz: Der Rekordtransfer des Vereins war vergangenen Sommer Stürmer Carlton Morris, der für rund zwei Millionen von Barnsley kam. Den Aufstieg machte Luton im Playoff-Final gegen Coventry klar. Im ausverkauften englischen Wembley-Fussballtempel konnte man den zähen Widersacher erst im Penaltyschiessen bezwingen. Dann bereits nicht mehr im Stadion war der eigentliche Captain des Teams Tom Lockyer. Der Waliser kollabierte bereits nach acht Spielminuten – und verfolgte den grossen Triumph vom Spitalbett aus.

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