EXPERTE WARNT: DAS SIND NO-GOS FüR DIE SCHWEIZ BEI DER HEIM-EM

Für den Schweizer Tourismus bringt die Heim-EM grosse Chancen – aber auch Risiken, warnt EHL-Professor Giovanni-Battista Derchi.

Herr Dr. Derchi, was sind aus Ihrer Sicht die grössten Herausforderungen für das Schweizer Gastgewerbe während der Heim-EM?

Sicherheit, Transport, ökologischer Fussabdruck, Umsiedlung. Die erfolgreiche Durchführung einer Grossveranstaltung wie der Heim-EM erfordert eine ausgezeichnete Zusammenarbeit aller Beteiligten. Die Qualität und Vielfalt der Dienstleistungen, die das Schweizer Gastgewerbe anbietet, sind entscheidend für den Gesamterfolg der Veranstaltung, da sie die Erfahrung der Besucher positiv oder negativ beeinflussen, indem sie auf die unterschiedlichen individuellen Bedürfnisse eingehen.

Und umgekehrt?

Umgekehrt können allfällige negative Umstände, die in direktem Zusammenhang mit dem Turnier, dem Veranstaltungsbetrieb, der Sicherheit und der Mobilität stehen, einen Spillover-Effekt haben und das Gesamterlebnis und die Zufriedenheit der Fans und anderer Teilnehmer im Gastgewerbe beeinträchtigen.

Welche Auswirkungen haben die internationalen Gäste für die Schweiz?

Im Vergleich zum lokalen Publikum bringen internationale Besucher aus wirtschaftlicher Sicht zusätzlichen Wert in die lokale Wirtschaft ein, da sie neue Ausgaben in die Region bringen. Eine höhere Anzahl internationaler Besucher aus verschiedenen Ländern verbessert zudem den aktuellen und zukünftigen globalen Ruf und die Anerkennung der Veranstaltung und des Austragungsortes.

Sprechen wir die langfristigen Effekte auf den Tourismus an und das Image der Schweiz als Gastgeberland. Was erhoffen Sie sich durch das Turnier?

Die Women’s Euro 2022 hat ausserordentliche Ergebnisse erzielt, indem sie die Grösse und die Qualität der Auswirkungen der Meisterschaft erheblich gefördert hat, einschliesslich der Entwicklungen bei der Teilnahme und dem Interesse am Frauenfussball, dem Wirtschaftswachstum und dem längerfristigen Erbe im Fussball und in der breiteren Gesellschaft.

Und was heisst das jetzt für die Schweiz?

Ich glaube, dass die Heim-EM im Zuge dieses positiven Trends die Möglichkeit hat, einen noch grösseren, effizienteren und grüneren Wettbewerb zu liefern, der das Image der Schweiz als führende Sportdrehscheibe für die Austragung von grossen, erstklassigen Veranstaltungen stärken kann. Zusätzlich ...

Ja?

… wird der Schweizer Tourismussektor nicht nur in der Zeit vor und während des Turniers profitieren, sondern auch seinen Ruf für hochwertige Dienstleistungen stärken können.

Gibt es aus Ihrer Sicht No-Gos, die sich die Schweiz auf keinen Fall leisten darf?

Ich glaube, das Organisationskomitee hat die Ressourcen und die geeigneten Prozesse, um in enger Zusammenarbeit mit der Uefa, den öffentlichen Stellen, den privaten Gastgewerbeleistungsbringern und anderen Beteiligten ein effektives Turnier zu liefern. Es ist aber unklar, wie die Organisation das Erbe der Veranstaltung sichern wird.

Was benötigt es hierfür?

Es wird eine verantwortliche Stelle, einen dezidierten Plan und geeignete Ressourcen brauchen, um sicherzustellen, dass alle Bemühungen, die bis jetzt unternommen wurden, um die Sportteilnahme und das Bewusstsein zu fördern, auch langfristig Auswirkungen zeigen. Wenn man diese Bedingungen nicht schafft, kann dass das Erreichen wichtiger strategischer Ziele gefährden.

Und was ist, wenn die Nati früh scheitert?

Aus nationaler Sicht sollten keine wesentlichen Änderungen an den wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Veranstaltung stattfinden, falls die Nati früh ausscheidet. Die Art und Weise, wie der Grossteil der Auswirkungen auf den Tourismussektor generiert wird, wird tatsächlich durch die Ausgaben von ausländischen Besuchern generiert, die zusätzliches Geld in die lokale Wirtschaft bringen.

Also alles gut?

Aus einer eher lokalen Perspektive könnten nationale Supporter, die aus verschiedenen Schweizer Regionen kommen, weniger oft die Fanzonen und die Veranstaltungen in den Städten besuchen, in denen die Wettkämpfe stattfinden. Die Wirtschaft der Austragungsorte kann also durch ein frühes Scheitern der Nati beeinflusst werden, da weniger Geld von Besuchern von ausserhalb ausgegeben wird.

2025-07-05T14:50:56Z