LEITARTIKEL ZUM WUT-ROT: XHAKA-AUSRASTER IST KEIN RüCKFALL IN ALTE ZEITEN

Platzverweis, Rudelbildung und Nati-Captain Granit Xhaka mittendrin. Ein Rückfall in alte Zeiten? Nein, findet Blick-Fussballchef Tobias Wedermann.

Es ist wieder so weit: Granit Xhaka (31) sorgt für Aufregung in der Fussballschweiz. Der Nati-Captain verliert beim Nations-League-Auftakt in Dänemark nach dem ersten Gegentor komplett die Nerven, legt sich in der Rudelbildung mit seinem Gegenüber Pierre-Emile Hojbjerg an. Erste Gelbe Karte. Wenig später mäht er Hojbjerg noch auf dem Feld mittels Frustfoul um. Zweite Gelbe Karte. Platzverweis. Gesperrt gegen Europameister Spanien.

Xhaka-Kritiker sehen sich bestätigt: «Granit hat sein wahres Gesicht gezeigt», «das war wieder der alte Granit». Endlich hat er wieder einen Fehler gemacht, endlich wieder Munition, um über den Nati-Captain und seinen Charakter zu debattieren. Im Team, ja im gesamten Fussballverband, ist der Schweizer Rekordnationalspieler der unangefochtene Anführer. Von aussen wird seine Captain-Position aber immer mal wieder infrage gestellt. Mit kontroversen Aktionen sorgte Xhaka auch selber immer mal wieder für neuen Zündstoff – Steilpässe für seine Kritiker.

Ausraster statt Weltfussballer-Nomination im Fokus

Jene Kritiker, die er in der vergangenen Saison allerdings monatelang mundtot machte. Bundesliga-Meister, deutscher Pokalsieger, Europa-League-Finalist, Schlüsselspieler und überragende Leistungen an der EM. Der neue Leverkusen-Xhaka bot keine Skandale, keine Angriffsfläche. Granit 2.0 – das (fast) unbesiegbare Update. Die am Mittwoch bekannt gewordene Nomination für den Ballon d’Or ist ein weiteres Zeichen für seinen Wandel. Doch statt über die erste Schweizer Weltfussballer-Nomination seit Jahrzehnten sprechen zu können, rückt nun sein Ausraster gegen Dänemark ins Rampenlicht.

Alles beim Alten also? Nein. Die Wahrheit ist: Xhaka muss sich als Captain und Führungsspieler besser im Griff haben, darf sich von seinem Gerechtigkeitssinn nicht derart aus der Fassung bringen lassen. Xhaka hat mit Blick auf das Duell gegen Europameister Spanien seinen Teamkollegen einen Bärendienst erwiesen. Zur Wahrheit gehört aber auch: Nur kurze Zeit nach dem Spiel steht wieder der Leverkusen-Xhaka vor den Mikrofonen. «Ich weiss auch, dass mir das nicht passieren darf. Aber es gibt leider Momente, da verliert man sich.» Selbstkritisch analysiert er sein Vergehen, erklärt seine Emotionen, zeigt Reue, entschuldigt sich später auch öffentlich via Social Media bei seinen Mannschaftskollegen. «Ich halte meine Hände hoch und entschuldige mich beim Team.»

Xhaka will trotz Sperre beim Team bleiben

Zur Vorbildfunktion des Nati-Captains gehört, die Nerven zu bewahren. Zur Vorbildfunktion gehört aber auch, Fehler einzugestehen und Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen. Xhaka hat dies umgehend getan und reist jetzt trotz Sperre mit dem Team nach Genf weiter, um seine Kollegen gegen den Europameister zu unterstützen – auch das ist Granit 2.0. Noch nicht perfekt. Aber der alte Granit? Nein, den haben wir am Donnerstag nicht gesehen. Es wäre allerdings wünschenswert, wenn er künftig wieder begeistert statt polarisiert.

2024-09-06T13:58:38Z dg43tfdfdgfd